Ich freue mich immer wieder, wenn ich hier nicht alles selber schreiben muss, sondern von Lesern unterstützt werde, vorrangig in Kommentaren. Denn Sie wissen ja: Keiner ist so klug wie alle! Apropos klug: Wer die Ahrensburgerin Anne Frey kennt, der weiß auch, dass sie eine kluge Frau ist, die dermaleinst im Vorstand des Vereins „Bürger für Ahrensburg“ tätig gewesen ist, als dieser Verein noch vorhanden (und erfolgreich) war. Und Anne Frey schreibt zum Artikel „Blogwarte“ in der Stormarn-Beilage wie folgt:

Hamburger Abendblatt: „Lesen, was bewegt“ wie zum Beispiel eine Leserin zur Antwort
Lieber Herr Dzubilla, liebe Leser von Szene-Ahrensburg,
Den Artikel mit der Überschrift „Die Blogwarte“ in der Stormarnbeilage vom Donnerstag, dem 04.02.2016 , und die Beiträge und Kommentare in Ihrem Blog zu diesem Thema habe ich aufmerksam gelesen. Ich bin der Meinung, dass in Ihrem Blog über diesen Artikel mit einem hohen Maß an Sachlichkeit und Sachkompetenz diskutiert wird , also mit einer Herangehensweise, die ich in dem Artikel von Frau Frenzel sehr vermisse. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich das eine oder andere wiederhole, was in den Beiträgen und Kommentaren in diesem Blog bereits benannt wurde.
Frau Frenzel erweckt in ihrem Artikel den Eindruck, als habe eine Person , die in den Medien diffamiert oder beleidigt wurde, kaum die Möglichkeit , sich dagegen zur Wehr zu setzen. Sie beruft sich dabei auf den Sprecher der Staatsanwaltschaft Lübeck. Schaut man sich aber die Äußerung von Herrn Anders etwas genauer an, dann wird deutlich , dass Herr Anders in dieser Textpassage vom Bundesverfassungsgericht und nicht von den Strafverfolgungsbehörden oder den Zivilgerichten spricht. Das Bundesverfassungsgericht hat aber mit dem Thema dieses Artikels gar nichts zu tun. Hier muss also bei Frau Frenzel etwas durcheinander geraten sein.
Was ich diesem Artikel vorwerfe, ist die darin enthaltene Botschaft , dass das Opfer einer öffentlichen Verleumdung dies meist hilflos über sich ergehen lassen müsse. Wenn Frau Frenzel umfassend informieren würde, hätte sie in ihrem ganzseitigen Artikel darauf hinweisen müssen, dass in diesem Fall der Weg über eine Zivilklage sehr viel erfolgversprechender ist als eine Strafanzeige. Tatsächlich wird aber diese Möglichkeit in dem Artikel nur am Rande erwähnt, und dann von Frau Frenzel gleich wieder mit dem Hinweis versehen, dass auch dieser Weg „beschwerlich“ sei. Frau Frenzel kommt nicht auf den Gedanken, dass womöglich gar keine Verleumdung bzw. gar kein Mobbing vorliegt , wenn sowohl die Staatsanwaltschaft auf die Einleitung eines Verfahrens verzichtet und auch ein Anwalt davon abrät, das Thema weiter juristisch zu verfolgen.
Dazu meine eigene Erfahrung zum Thema öffentliche Verleumdung: Als das Thema „Umgestaltung der Großen Straße“ in Ahrensburg diskutiert wurde, war ich im Vorstand des Vereins „Bürger für Ahrensburg“ , und ich kam in dieser Funktion häufig in den Ahrensburger Medien zu Wort . Neben der Fällung von fast 40 Bäumen ging es damals um die Einkürzung der Linden in der Großen Straße und die Frage, ob daraus Kastenlinden hergestellt werden sollten. Eines Tages wurde ich von Bekannten auf einen Leserbrief angesprochen , der im Markt erschienen war. Der Verfasser machte sich über das Anliegen des Vereins und mein öffentliches Engagement für den Erhalt der Bäume lustig , und er versuchte im nächsten Schritt , meine Rolle als bislang strafrechtlich unbescholtene Bürgerin in Frage zu stellen. Nachdem ich den Artikel gelesen hatte, war ich zunächst bemüht, mit dem Verfasser in Kontakt zu treten. Das funktionierte nicht , weil der Verfasser mir das Gespräch verweigerte. Auch ein Gespräch mit den Redakteuren des Anzeigenblattes verlief ergebnislos. Als ich auf diesem Weg nicht weiterkam, schaltete ich einen Anwalt ein, der zunächst eine außergerichtliche Lösung versuchte, indem er den Verfasser dazu aufforderte , die beleidigenden Äußerungen zurückzunehmen. Nachdem der Verfasser auch darauf nicht eingegangen war, reichte ich Klage beim Amtsgericht Ahrensburg ein , und zwar eine Klage wegen Beleidigung und öffentlicher Verleumdung.
Das Gericht hat mir voll und ganz Recht gegeben und damit verhindert, dass nicht noch einmal ein derartiger Leserbrief geschrieben wurde. Die Gegenseite hatte in diesem Verfahren immer wieder darauf hingewiesen, dass die Äußerungen des Verfassers dieses Leserbriefs durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt wären. Das Gericht hat jedoch eine ganz klare Trennlinie gezogen zwischen dem Recht auf Meinungsfreiheit und dem Tatbestand der Verleumdung und Diffamierung anderer Menschen. In anderen Worten heißt dies: Wenn ich jemanden verleumde , kann ich mich also gerade nicht auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit berufen. In diesem Fall sprach das Gericht von einer so genannten Schmähkritik, d.h. , dass ein Sachverhalt, in diesem Fall also die Diskussion um die Kastenlinden, nur als Vorwand benutzt wurde, um mich persönlich zu diffamieren. Meine persönliche Erfahrung mit dem Amtsgericht Ahrensburg widerspricht also komplett dem Tenor dieses Artikels.
Anhand der schriftlichen Urteilsbegründung war zu erkennen, dass Gerichte bei der Urteilsfindung gesicherte Verfahren der Beweisführung anwenden und sich dabei auch auf eine Vielzahl von Urteilen berufen können, um eine öffentliche Verleumdung z.B. von Satire oder Ironie unterscheiden zu können. Aufgrund meiner persönlichen Erfahrung möchte ich also ganz klar der in diesem Artikel vertretenen Auffassung entgegentreten , dass in Deutschland fast jede öffentliche Beleidigung mit dem Recht auf Meinungsfreiheit quittiert werden könne. Und ich finde es nicht in Ordnung, wenn Frau Frenzel in diesem Zusammenhang einen Sprecher der Staatsanwaltschaft in einem falschen Zusammenhang zitiert.
Besonders bedenklich finde ich den Titel „Die Blogwarte“. Die Blockwarte waren diejenigen Personen, die vermeintliche Gegner des Nazi-Regimes verleumdeten und dabei selbst ungeschoren davonkamen. Auf die heutige Zeit übertragen wird damit impliziert, dass Blogger generell auf die gleiche Stufe gestellt werden können wie die Denunzianten, die Teil des NS-Unrechtsregimes waren. Das müsste jede Person, die schon einmal etwas in einem Blog kommentiert hat, aufhorchen lassen. Aus diesem Titel könnte des Weiteren die Schlussfolgerung gezogen werden, dass wir mehr als 70 Jahre nach dem Zusammenbruch des Nazi-Regimes in einem Staat leben, in dem jeder ehrliche und unbescholtene Mensch Gefahr läuft, öffentlich verleumdet zu werden , ohne dass er die Gewissheit haben kann, dass der oder die Täter von einem Gericht belangt werden kann/ können. Der Artikel unterstellt also, dass wir in einem Zustand permanenter Rechtsunsicherheit leben.
Ich bin der Meinung, dass Frau Frenzel mit ihrem Artikel ein äußerst negatives Bild von den Möglichkeiten zeichnet, die dem Rechtsstaat im Falle von Mobbing bzw. öffentlicher Verleumdung zur Verfügung stehen. Wenn aber eine Zeitung , die sich der Qualitätspresse zuordnet, zu einer derartigen Einschätzung kommt, muss man sich nicht wundern, wenn Pegida und andere Gruppierungen am rechten Rand sich derartige Aussagen zunutze machen , um generell die Rolle Presse und darüber hinaus die Wirksamkeit des gesamten Rechtssystems in Frage zu stellen.
Viele Grüße
Anne Frey