Gestern Abend im Alfred-Rust-Saal: Der Verein IG Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal e. V. hatte eingeladen zu einer Veranstaltung mit Film unter dem Titel “Pfeil sucht Bogen”. Und ich war angenehm überrascht. Nicht nur von dem halbstündigen Film, der viel Beifall bekam, sondern auch von der Tatsache, dass 460 Bürger gekommen waren, womit der Saal restlos gefüllt war. Ein schöner Erfolg für die Initiatorin Svenja Furken, Geschäftsführerin des Vereins, die sich mit Leib und Seele für das Tunneltal engagiert.
Die Veranstaltung hat bewiesen: Unser Kulturerbe findet große Beachtung in der Bevölkerung – und weniger in Rathaus und in der Politik, wo man immer noch Argwohn hegt gegen den Prähistoriker und Ahrensburger Ehrenbürger Dr. Alfred Rust (* 4. Juli 1900 in Hamburg; † 14. August 1983 in Ahrensburg) und seiner Rolle im Dritten Reich.
Apropos Tunneltal: Es dürfte bekannt sein, dass die Deutsche Bahn einen Eingriff in unser Kulturerbe plant. Viele Bürger schreien auf. Aber der Bürgermeister von Ahrensburg ist stolz wie Tschentscher in Hamburg über den Bau einer S4. Und dass Eckart Boege gestern Abend verhindert war, in den Alfred-Rust-Saal zu kommen und die Besucher zu begrüßen, das war vielleicht sogar im Interesse des Ahrensburger Verwaltungsleiters, denn ihm hätten ja unliebsame Fragen zur S4 gestellt werden können.
Auch ich habe am Freitagabend den Weg in den Alfred-Rust-Saal gefunden und habe sowohl den Vortrag von Frau Dr. Mara Weber, als auch die Wortbeiträge des Experimentalarchäologen Harm Paulsen und Dr. Sönke Hartz mit großem Interesse verfolgt.
Eine solch‘ anschauliche Geschichtsstunde hätte ich sehr gerne mal in meiner Schulzeit erlebt!
Dem Dokumentarfilmer Mathis Menneking ist es in herausragender Weise gelungen, die Entstehung eines Bogens mit der Kamera zu begleiten, so dass ich hoffe, dass es nicht bei der einmaligen Vorführung bleibt.
Es wäre wünschenswert, wenn der Film nicht nur Eingang in die Stadtbücherei Ahrensburg findet, sondern auch den Schulen – nicht nur in Ahrensburg! – zur Verfügung gestellt wird.
Gleichwohl ist der Film nicht nur aus historischer Sicht ein Juwel – und man bedenke: eine Low-Budget-Produktion im vierstelligen Bereich, wie Svenja Furken die Besucher wissen liess – sondern verdeutlicht einmal mehr die herausragende Bedeutung des Stellmoorer Tunneltals auf schleswig-holsteinischem und Hamburger Gebiet auch in ökologischer Hinsicht.
Das Tunneltal ist Bestandteil des Flora-Fauna-Habitat-Gebietes, und hat somit den höchsten (!!!) Schutzstatus auf europäischer Ebene für den Naturschutz.
Das Tunneltal ist durch Schmelzwasser während der letzten Eiszeit entstanden und gehört zu den wenigen Gebieten Nordeuropas, in dem eiszeitliche Landschaftsformen noch sichtbar sind. Vom Geologischen Landesamt Hamburg wird es daher als „Geotop von überregionaler Bedeutung“ gelistet.
Sehr geehrte Gremien in Verwaltung und Politik: leider habe ich bis auf den 1. stellvertretenden Bürgermeister der Stadt Ahrensburg, Herrn Korte, niemanden von Ihnen am Freitagabend im erfreulicherweise nahezu voll besetzten Saal gesehen. Davon abgesehen, dass Sie einen äußerst spannenden Vortrag und Film versäumt haben, hätte es auch Ihnen mit Sicherheit die Bedeutung des Grund und Bodens, auf dem sich die „Ahrensburger Kultur“ (dieser Begriff hat einen wikipedia-Eintrag und ist international in archäologischen Kreisen ein Begriff), noch einmal verdeutlicht.
Wollen Sie wirklich die Verantwortung dafür übernehmen, das dieses wertvolle Gebiet mit seiner einzigartigen Landschaftsform und teilweise nur hier vorkommenden Flora und Fauna durch den Bau einer „S4“ zerstört wird????
Bitte überdenken Sie alle Ihre bisherigen Planungen, seien sie auch noch so weit voran geschritten.
Gewiss: Ahrensburg als Mittelzentrum ein Stadt, in die werktäglich viele tausend Menschen ein- und auspendeln, braucht eine gute öffentliche Anbindung in alle Richtungen – nicht nur nach Hamburg und Lübeck. Aber: Ahrensburg hat eine Regionalbahn und zwei U-Bahnhöfe. Wenn die Züge dort nur einigermaßen pünktlich und zuverlässig verkehren würden, wären viele Probleme schon gelöst.
Der gemeinnützige Verein IG Stellmoor-Ahrensburger Tunneltal e.V. informiert sehr anschaulich auf einer eigenen, gut gestalteten website https://tunneltal.de/
und verdient jegliche Unterstützung, um dieses Weltkulturerbe zu erhalten.
Ich bedanke bei allen Beteiligten für den gelungenen Abend im Alfred-Rust-Saal!
P.S. Der Mann, dem wir die wertvollen Funde der Steinzeitjäger zu verdanken haben, Alfred Rust, wurde am 04. Juli 1900 in Hamburg geboren – er würde also in diesem Jahr seinen 125. Geburtstag feiern.
Ist es nicht endlich an der Zeit, das Erbe des prähistorischen Archäologen angemessen zu würdigen, und ihm ein Museum, wenigstens aber einen Ausstellungsraum in einem öffentlich zugänglichen Gebäude, zu widmen???
Also ich habe zumindest noch die Stadtverordneten Stefan Gertz von den Bündnisgrünen und Peter Egan von der WAB, sowie den S4 Beauftragten Raffael Haase (Stadtverwaltung) gesehen. Das Problem mit der S4 und dem Güterverkehr liegt nicht in der Stadt (hier kann man höchstens noch Kosmetikkorrektur betreiben) sondern in Hamburg und Kiel. Hier wurden die Weichen gestellt und die klemmen jetzt.
Gruß aus Ahrensfelde mit dem zu erwartenden Durchgangsverkehr von +3.000 Kfz täglich
“Das Problem mit der S4 und dem Güterverkehr” liegt durchaus in der Stadt, lieber Herr Körner, und nicht in der Stadt Hamburg und auch nicht in Kiel, sondern in der Stadt Ahrensburg, und zwar das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet. Haben Sie schon etwas davon gehört, was Bürgermeister Eckart Boege gegen die dort beabsichtigen Eingriffe unternommen hat? Die “Kosmetikkorrektur” könnte zum Bespiel “Rahlstedt” heißen, wenn Sie wissen, was ich meine.