Presseschau: Wenn ein fremder Mann durch eine geöffnete Wohnungstür eintritt – ist er dann ein Täter?

Auf dem Presseportal berichtet die Polizei von einem “versuchten Einschleichdiebstahl” in Ahrensburg. Einen Beweis dafür gibt es allerdings nicht. Tatsache ist: Ein unbekannter Mann ist plötzlich in einer Wohnung aufgetaucht, weil die Bewohnerin den Müll rausgebracht und es versäumt hat, die Wohnungstür zu schließen. Als der 79-jährige Bewohner den Mann zum Verlassen der Wohnung aufgefordert hatte, ist dieser gegangen. Die Polizei erklärt: “Nach bisherigen Erkenntnissen wurden keine Gegenstände entwendet.” Soweit der Tatsachenbericht.

Die Meldung der Polizei findet der Abendblatt-Leser heute im Stormarn-Teil der Zeitung. Doch während die Polizei von einem “mutmaßlichen Täter” schreibt, steht für Reporterin Juliane Minow bereits fest: Der Man ist ein “Täter”!

Sowohl die Polizei als auch die Zeitung berichten von einem “versuchten” Einschleichdiebstahl. Wozu die Frage naheliegt: Woher weiß die Polizei, dass der Mann einen Diebstahl begehen wollte? Klar, die Vermutung liegt nahe, aber die bloße Vermutung ergibt noch keinen Tatbestand, denn der Mann hätte auch ganz andere Absichten haben können, die viel schlimmer gewesen wären als ein Diebstahl. Oder vielleicht hat er in der geöffneten Wohnung nur nach der Toilette gesucht…? 😉

Völlig daneben in ihrer Berichterstattung liegt Sina Lea Riebe vom Stormarner Tageblatt, die von einem “mutmaßlichen Einbrecher” berichtet, obwohl nichts darauf hindeutet, zumal der Mann durch die offene Tür gekommen war. Und die Reporterin weiß sogar, dass es tatsächlich zu einem Einschleichdiebstahl gekommen ist, was der Polizeibericht allerdings nicht bestätigt.

Wenn der Mann also gefunden wird: Was wird ihm vorgeworfen – ich meine als Straftat? Dass er durch eine offene Wohnungstür gegangen ist? Natürlich liegt die Vermutung nahe, dass der Unbekannte etwas stehlen wollte. Aber solange er das nicht getan hat, ist er kein Täter im strafrechtlichen Sinne. Denn: Im Strafrecht Deutschlands ist Täter, wer eine mit Strafe bedrohte Tat selbst oder durch einen anderen begeht (§ 25 StGB). An der Tat Beteiligte wie Anstifter oder Gehilfen sind keine Täter im strafrechtlichen Sinne.

Postskriptum: Natürlich möchte auch ich, dass der Mann gefunden und kontrolliert wird, ob er möglicherweise anderswo bereits Diebstähle begangen hat, damit er dann möglichst rasch aus dem Verkehr gezogen wird!

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 11. April 2024

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