Lokaljournalismus im Zeitalter von Social Media: Non audiatur et altera pars!

Leser der Lübecker Nachrichten werden sich heute gewundert haben, als sie im Stormarn-Teil des Blattes die Überschrift gelesen haben: “Fotografieren nur mit Erlaubnis”. Und weil sie in ihrer Verwunderung wissen wollten, wo denn im Kreise Stormarn ein Fotografieren nur mit wessen Erlaubnis möglich ist, da lasen sie die Unterzeile und also lautend: “In Ahrensburg besteht Foto-Verbot – Das hat der Bürgervorsteher jetzt klargestellt und juristische Begründung.” Hä…?

Der unbefangene Leser denkt: Darf ich in Ahrensburg jetzt nicht mehr das Schloss fotografieren oder die Gottesbuden beiderseits der Schlosskirche oder vielleicht die Abfallcontainer auf dem Rondeel…?

Doch, liebe Leute, all das dürfen Sie auch weiterhin fotografieren. Bettina Albrod, die Schreiberin des Artikels, erklärt im Kleingedruckten, dass wir nur noch in der Ahrensburger Stadtverordneten-Versammlung fotografieren dürfen, wenn der Bürgervorsteher es erlaubt.

Hintergrund: Bettina Albrod war in der Stadtverordneten-Versammlung am vergangenen Montag in der Reithalle vom Marstall. Und in ihrem heutigen Beitrag in der Zeitung ist kein Foto von dieser öffentlichen Veranstaltung abgedruckt. Weil die Besucherin vermutlich dem Bürgervorsteher Benjamin Stukenberg geglaubt hat, dass sie dort nicht mehr fotografieren darf. *lol*

In ihrem Beitrag in den Lübecker Nachrichten gibt Bettina Albrod ausschließlich das wieder, was sie vom Ahrensburger Bürgervorsteher gehört, gelesen und notiert hat.Audiatur et altera pars”, diesen Grundsatz aus altrömischem Recht, wonach auch die andere Seite gehört werden muss – was sich ebenso im Journalismus niederschlagen sollte – diesen Grundsatz hat die Autorin nicht beherzigt. Sie schreibt: “Die rechtliche Prüfung hatte die Verwaltung eingeholt, nachdem ein Blogger bemängelt hatte, dass das Verbot die Pressefreiheit einschränke.”

Aber: Weder den Namen des Bloggers, der weit über die Grenzen von Ahrensburg hinaus bekannt ist, noch das Blog Szene Ahrensburg hat sie genannt und auch nicht einmal mit Harald Dzubilla gesprochen, den sie persönlich kennt und kürzlich in einem anderen Betrag über den “Muschelläufer” anonym bezeichnet hat als “ein Ahrensburger Einwohner” und dabei auch dessen bekanntes Hörbuch über den “Muschelläufer” verschwiegen hat.

Bettina Albrod schreibt: “Auch in Ahrensburg seien Mitglieder bei Sitzungen schon fotografiert und später in einem satirischen Blog vorgeführt worden.” Das klingt mysteriös, denn ich kenne gar keinen “satirischen Blog” in Ahrensburg; und die Journalistin offenbar auch nicht, denn sonst hätte sie ja wohl den Namen dieses Blogs genannt.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 29. November 2023

5 Gedanken zu „Lokaljournalismus im Zeitalter von Social Media: Non audiatur et altera pars!

  1. Harald Dzubilla Artikelautor

    Nachtrag: Im Beitrag der Lübecker Nachrichten steht auch ein Hinweis, der mir bislang nicht bekannt war und also lautend:

    “Im Gegensatz zu Bundestags- und Landtagsabgeordneten genießen sie (= Stadtverordnete) weder Indemnität (wenn man aufgrund seiner Abstimmung nicht gerichtlich verfolgt werden darf) noch Immunität.”

    Das bedeutet: Wenn ich als Journalist ein Foto von einer Abstimmung mache, wo ein Stadtverordneter über eine Sache abgestimmt hat, bei der er sich hätte befangen erklären müssen, und dabei zu seinen Gunsten abgestimmt hat, dann kann er gerichtlich verfolgt werden, wenn das Beweisfoto vorliegt.

  2. K. H. Beuermann

    Wenn “das Rathaus” diktiert, dann schreiben Journalisten mit, ohne das Diktierte zu hinterfragen oder gar zu recherchieren. Normalerweise müssten sie laut aufschreien, wenn sie der Willkür eines Bürgervorstehers ausgesetzt und in ihrer Arbeit grundlos behindert werden. Aber sie kuschen. Eigene Meinung ist nur noch bei Bloggern zu lesen. Danke, Herr Dzubilla.

  3. B. Kerner

    Bettina Albrod hat Theologie studiert. Und dort geht es nicht um Tatsachen und Wissen, sondern um Glauben und Hoffen. Und in theologischen Gedanken hat sie auch ihren Bericht in den LN geschrieben, nämlich im Glauben, dass der Ahrensburger Bürgervorsteher die alleinige Wahrheit gepredigt hat.

  4. Peter Holzer

    Das Hamburger Abendblatt veröffentlicht täglich eine satirische Karikatur. Ist es deshalb ein Satireblatt, Frau Albrod?

  5. FDP-Wähler

    Was sagt eigentlich der Stadtverordnete Dr. Brend Buchholz (FDP) dazu, dass er in der Stadtverordnetenversammlung keine Selfies machen darf, wenn es der Bürgervorsteher ihm nicht genehmigt? Ist der Mann nicht Jurist und Rechtsanwalt?

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