Das häufige Öffnen und Schließen der Fenster in Klassenräumen während des Unterrichts führt in kalter Jahreszeit zu Erkältungen bei den Schulkindern

Wer von einem Geschehen selber berührt wird, sieht die Sachlage anders als diejenigen, die mehr oder weniger theoretisch davon betroffen sind. Auf meinen Blog-Eintrag, wo ich für Luftreinigungsgeräte in Klassenträumen von Schulen plädiere, bekam ich von einem Leser einen Kommentar per E-Mail. Den habe ich auch per E-Mail beantwortet. Und weil das Thema nun in der letzten Stadtverordneten-Versammlung diskutiert und erst mal beiseite gelegt wurde, komme ich noch einmal darauf zurück.

Ich veröffentliche an dieser Stelle den Inhalt der eingangs erwähnten E-Mail:

In Zusammenhang mit richtigem Lüften an Schulen wurden mit dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (MBWK) die anliegenden Dokumente abgestimmt und den Schulen als Handreichung zugeleitet. Die Empfehlung zur Lufthygiene enthält folgenden Hinweis: 

Der Einsatz mobiler Raumluftreiniger ist als ergänzende Maßnahme unter der Voraussetzung denkbar, dass diese durch einen Sachverständigen ausgewählt, korrekt positioniert, auf die örtlichen Umgebungsbedingungen eingestellt und regelmäßig überprüft werden. Dies ist die zentrale Aussage zu allen Geräten, die zur Verbesserung der Lufthygiene beschafft werden.

Die Diskussion zur Aerosoldiskussion hat sich verselbständigt und zu diversen Angeboten im Kontext der Innenraumlufthygiene von sehr zweifelhafter Qualität geführt.

Für die Aerosoldiskussion zu beachten ist:

Im Aerosol ist die Erregermenge eher gering, da Aerosole einen geringen Flüssigkeitsanteil haben. Eine Infektion ist daher (nur) bei längerem Kontakt in Räumen mit unzureichender Lüftung zu erwarten.

Grundsätzlich gilt:

–  Fensterlüftung mittels Querlüften (Fenster weit auf) in regelmäßigen Abständen ist ausreichend.

–  Wenn eine Fensterlüftung gar nicht möglich ist, ist der Einsatz mechanischer Luftreinigung (Partikelfilter) zu prüfen, die Prüfung und Entscheidung ist durch einen Sachverständigen herbeizuführen.

–  Es gibt Geräte, die zusätzlich, oder anstelle der Partikelfilter eine UV-Desinfektion einsetzen. Deren Leistungsfähigkeit muss im Einzelfall fachgerecht bewertet werden. Keineswegs kann generell von einem größeren Nutzen durch UV-Desinfektion ausgegangen werden. Die UV-Desinfektion wirkt auf den Anteil, der von der UV-Quelle erfasst wird. Die Desinfektionsleistung ist von der Gesamtbelastung der Raumluft abhängig. 

Das Umweltbundesamt kommt zu der Einschätzung, dass „Der Einsatz von mobilen Luftreinigern mit integrierten HEPA-Filtern in Klassenräumen reicht nach Ansicht der IRK (Kommission Innenraumlufthygiene – Anm. d. Verf.) nicht aus, um wirkungsvoll über die gesamte Unterrichtsdauer Schwebepartikel (z. B. Viren) aus der Raumluft zu entfernen. Dazu wäre eine exakte Erfassung der Luftführung und -strömung im Raum ebenso erforderlich, wie eine gezielte Platzierung der mobilen Geräte. Auch die Höhe des Luftdurchsatzes müsste exakt an die örtlichen Gegebenheiten und Raumbelegung angepasst sein. Der Einsatz solcher Geräte kann Lüftungsmaßnahmen somit nicht ersetzen und sollte allenfalls dazu flankierend in solchen Fällen erfolgen, wo eine besonders hohe Anzahl an Schülerinnen und Schülern (z.B. aufgrund von Zusammenlegungen verschiedener Klassen wegen Erkrankung des Lehrkörpers) sich gleichzeitig im Raum aufhält. Eine Behandlung der Luftinhaltsstoffe mittels Ozon oder UV-Licht wird aus gesundheitlichen ebenso wie aus Sicherheitsgründen von der IRK abgelehnt. Durch Ozonung und UV-induzierte Reaktionen organischer Substanzen können nicht vorhersagbare Sekundärverbindungen in die Raumluft freigesetzt werden [13]. Beim UV-C sind es auch vor allem Sicherheitsaspekte, weshalb der Einsatz im nicht gewerblichen Bereich unterbleiben sollte.

Hierauf habe ich dem Bürger per E-Mail wie folgt geantwortet:

Vielen Dank für Ihre Informationen. Der Grund, warum Luftreinigungsgeräte in den Klassenräumen wichtig sind, finden Sie in dem Satz: Fensterlüftung mittels Querlüften (Fenster weit auf) in regelmäßigen Abständen ist ausreichend”.

Und das ist korrekt, wenn es nachweisbar vor Corona schützt. Aaaber:

Die Kinder werden davon krank. Weil nicht das Lüften allein in den Pausen ausreichend ist, sondern es muss während des Unterrichts mehrfach gelüftet werden. Das bedeutet: Der Klassenraum wechselt ständig von warm nach kalt. Das bedeutet: Die Kinder erkranken nicht am Corona-Virus sondern sie erkälten sich. (Ich weiß, wovon ich schreibe, denn unsere Tochter in der 5. Klasse ist davon betroffen.)

Wenn Luftreiniger sach- und fachlich angebracht werden, wie es auch das Ministerium erklärt, dann würde ein Lüften in den Pausen ausreichen. Denn auch wenn die Kinder sich warm anziehen und sogar Decken mit in die Schule nehmen: Wenn die Fenster geschlossen sind, ist es dann im Raum zu warm und die Kinder schwitzen. Und der häufige Wechsel von warm zu kalt erhöht die Erkältungsgefahr. Hinzu kommt, dass in manchen Schulen beim Öffnen der Fenster während des Unterrichts auch noch die Tür vom Klassenraum geöffnet wird, damit eine Durchlüftung schneller passiert. Und dann sitzen die Kinder auch noch in der Zugluft.

Ich bin der Meinung: Professionelle Luftreiniger im Klassenraum und Durchlüftung in der Pause. Und dass UV kein Thema für Schulen ist, das ist mir klar. Und von Kniebeugen und In-die-Hände-klatschen, was ja von höchster Regierungsstelle empfohlen wird,  halte ich auch nicht viel.

Und um das Thema nun auf einen vollendeten Zwischenstand zu bringen, veröffentliche ich auch noch die heutige Pressemeldung der SPD zu diesem Thema, die sich auf die Stadtverordneten-Versammlung am Montag bezieht:

Luftreiniger an Schulen: SPD enttäuscht über Reaktion von Fraktionen und Schulen

Am Montag ist die Ahrensburger Stadtverordnetenversammlung nicht dem Antrag der SPD auf Anschaffung von Luftreinigungsgeräten gefolgt. Um die Lebens- und Lernsituation für Kinder und Jugendliche und deren Lehrern an den Ahrensburger Schulen zu erleichtern, hat die SPD-Fraktion den Antrag eingebracht, für Klassen- und Gruppenräume der Ahrensburger Schulen professionelle Luftreiniger anzuschaffen. Diese sollen die Luft in den Unterrichtsräumen von Aerosolen befreien und damit das häufig zu beobachtende Dauerlüften reduzieren. Ein Schritt zu mehr Normalität in den Klassenräumen gerade im Winter – für Schüler und Lehrkräfte.

“Im neuen Jahr werden die Kinder absehbar wieder in die Schulen zurückkehren, obwohl wir wissen, dass Abstandhalten dort kaum möglich ist. Und anstatt alles zu tun, um den Infektionsschutz zu verbessern, eben auch durch Luftreiniger, verlassen wir uns darauf, dass Lüften reiche”, sagt Jochen Proske, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Stadtverordnetenversammlung. In der laufenden Diskussion über den eingebrachten Antrag zeigte sich, dass dieser keine Mehrheit finden würde. Die anderen Fraktionen verwiesen dabei in erster Linie auf das klassische Lüften und die Kosten der Anschaffung. Zudem wurde mangelndes Interesse auf der Seite der Schulen als Argument gebraucht. “Für uns bedeutet die Anschaffung von Luftreinigern auch aktiven Infektionsschutz für andere Bevölkerungs- und Risikogruppen. Denn so reduzieren wir das Risiko, dass sich Kinder in der Schule anstecken und das Virus nach Hause tragen”, sagt Jochen Proske.

“Wenn man die aktuellen Berichte und Studien zum Infektionsgeschehen an Schulen in den vergangenen Tagen verfolgt, wundert man sich schon darüber, dass der Bedarf an den Schulen offenbar nicht gesehen wird. Luftreiniger ersetzen zwar weder das Abstandhalten, noch das Lüften, aber sie senken nachweislich die Infektionsgefahr, weil sie die Aerosole deutlich reduzieren. Deswegen werden wir uns weiter für die Anschaffung solcher Geräte einsetzen.”, erklärt Stephan Lamprecht, SPD-Stadtverordneter. Er verweist dabei auf eine aktuelle Studie der Goethe-Universität Frankfurt, die zeige, dass solche Geräte binnen einer halben Stunde die Konzentration von Aerosolen um 90 Prozent senken können. Das schütze die Schüler besser als Lüften und Masken allein. Und gerade in der kalten Jahreszeit verbessere sich somit die Lebens- und Lernqualität in den Klassenräumen. “Möglicherweise wurde bisher noch nicht ausreichend mit Elternvertretern und Lehrkräften über den Nutzen der Luftreiniger gesprochen. Für uns ist das Thema noch nicht zu den Akten gelegt. Denn es ist ja ganz offensichtlich, dass Schulbetrieb bei ständigen Lüften bei Minusgraden keine normale Lernsituation sein kann.”, so Jochen Proske.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 16. Dezember 2020

6 Gedanken zu „Das häufige Öffnen und Schließen der Fenster in Klassenräumen während des Unterrichts führt in kalter Jahreszeit zu Erkältungen bei den Schulkindern

  1. Jan Furken

    Einem Arbeitnehmer wären solche Zustände lt. Arbeitsstättenverordnung bzw. Arbeitsstättenrichtlinie ASr 3.5 nicht zu zumuten.
    Aber… was einen nicht umbringt, härtet einen ab…oder so ähnlich.
    https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/ASR/pdf/ASR-A3-5.pdf?__blob=publicationFile
    https://www.raumtemperatur.info/raumtemperatur-am-arbeitsplatz-arbeitsstaettenverordnung/
    https://www.arbeitsrechte.de/arbeitsstaettenverordnung-temperatur/

  2. Wölfin

    Die Luftreinigern sind selbstverständlich sinnvoll um die Viren aus der Luft zu filtern.
    Allerdings wird sich durch die Geräte nichts an den Vorgaben des Bildungsministeriums zum Verhalten während der Pandemie ändern, sodass sich LEIDER an der Situation im Klassenraum nichts ändert. ausser dass es im Klassenraum noch enger wird und die Lehrer und Kinder gegen das Betriebsgeräusch anreden/- hören müssen…
    Die Vorgaben zum Lüften werden bleiben, die Kälte auch

    1. Observator

      Es gibt in der Tat Luftreiniger mit hohem Geräuschpegel. Aber es gibt auch Luftreiniger, die kaum lauter sind als das Kratzen der Kreide an der Schultafel. Und das Husten der erkälteten Kinder ist sogar noch lauter. Und wenn die Luft im Klassenzimmer rein ist, sind sie sogar ganz still – sowohl die Luftreiniger als auch die Kinder.

  3. A. Bürger

    Lieber Herr Dzubilla,

    ich möchte die Sinnhaftigkeit von Luftreinigern nicht in Frage stellen und mir ist auch bewusst, dass regelmäßiges Stoßlüften durchaus unangenehm ist. Ich kann Sie aber hinsichtlich einer Sorge beruhigen: Eine Erkältung wird durch regelmäßiges Lüften, Temperaturschwankungen und Zugluft nicht begünstigt.

    Erkältungen sind virale Infektionskrankheiten; tlw. noch mit bakterieller Sekundärinfektion. Die häufigsten Infektionswege sind Tröpfchen- und Schmierinfektionen. Kälte hingegen kann eine Erkältung nicht auslösen; das ist vielmehr ein Mythos, der wohl auf den Begriff “Erkältung” zurückgeht (https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/gesundheit/1000-antworten-3206.html). Da Tröpfchen- und Schmierinfektionen – anders als eine Infektion über Aerosole – weder über den Luftaustausch durch Lüften, noch durch Luftreinigungsgeräte verhindert werden können, werden Erkältungen durch beide Maßnahmen nicht beeinflusst.

    Dazu noch ein anderer Aspekt: einige Schulen, auch in Ahrensburg, haben sogenannte CO2-Ampeln angeschafft. Diese zeigen an, wie hoch der CO2-Gehalt in der Luft ist, also wie “verbraucht” die Luft ist. Das lässt mittelbar einen Rückschluss darauf zu, wann auch die Aerosolkonzentration erhöht ist. Nicht zu unterschätzen ist aber die ganz unmittelbare Aussage dieser Geräte: Zeigen die Ampeln rot, ist der Sauerstoffgehalt in der Atemluft reduziert, was zu sinkender Konzentrationsfähigkeit führt. Auch ganz unabhängig von der aktuellen Situation ist ein Lüften zu diesen Zeitpunkten daher eigentlich nötig. Luftreinigungsgeräte helfen an dieser Stelle nicht.

    Beste Grüße!

    1. Stephan Lamprecht

      Lieber A. Bürger,

      Sie sind da einem Irrtum auferlegen, der sich leicht mit Grundrechenarten belegen lässt. Wir atmen, wenn wir uns nicht anstrengen, relativ konstant CO2 aus. Ergo: Irgendwann zeigt die CO2 Ampel, dass nun gelüftet werden muss. Die Menge des CO2 wächst konstant. Soweit so gut. Aber die Virenlast ist davon entkoppelt. Befindet sich ein Infizierter im Raum, ist nach einem Zeitraum t die Grenze erreicht, wo Risiken für andere bestehen, weil sich das Aerosol im Raum verbreitet hat. Wäre dieser Zeitraum t zufälligerweise genauso groß, wie der Zeitraum bis der CO2-Gehalt kritisch ist, wäre alles in Ordnung. Befinden sich zwei Infizierte im Raum, halbiert sich aber der Zeitraum t. Der CO2-Gehalt (und das Messgerät) würden noch lange nichts anzeigen. Der Hinweis auf CO2-Ampeln, wie sie auch von Ministerien gebracht werden, sind gut gemeint. Was bekanntlich das Gegenteil von gut gemacht ist.

      Beste Grüße
      Stephan Lamprecht

      1. Carsten Dannat

        Hallo Herr Lamprecht,

        eine CO2 Ampel kann natürlich nicht vor Viren warnen, aber das Fazit des RKI zum “Einsatz von Lüftungsampeln zur Verbesserung der Luftqualität in Kindertageseinrichtungen und Schulen” spricht aus meiner Sicht für einen Einsatz von CO2-Ampeln:
        “Als Fazit lässt sich feststellen, dass die Lüftungsampel sich als sehr gutes Instrument erwiesen hat, um Defizite im Lüftungsverhalten sichtbar zu machen und bei der Entwicklung und Einführung eines Lüftungsregimes gute Unterstützung leistet.”

        Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2017/Ausgaben/42_17.pdf?__blob=publicationFile

        Bleiben Sie gesund!
        Carsten Dannat

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