Stadtverordneten-Versammlung: Das wichtigste Thema für die Stadt Ahrensburg kam aus der Einwohnerfragestunde und nicht auf die Tagesordnung

Die gestrige Stadtverordneten-Versammlung im Marstall war eine der denkwürdigsten, die ich jemals erlebt habe. Im öffentlichen Teil standen 12 Punkte auf der Tagesordnung, von denen die Punkte 7, 8 und 9 gleich zu Beginn und erwartungsgemäß gestrichen wurden. Und Punkt 12, nämlich der Antrag der CDU, die Busse im Steinkampviertel, die nach vorangegangenem Beschluss wieder fahren sollten, mit neuerlichem Beschluss in Einsätze für IOKI umzuwandeln, dieser Antrag konnte aus formalen Gründen nicht abgestimmt werden. Grund: Wegen der Pandemie waren für einen Beschluss nicht ausreichend Stadtverordnete vor Ort, da alle Parteien nur Delegationen entsandt hatten.

IOKI statt Busse (Fotos: Papa Razzo – Sprechblasen: Szene Ahrensburg)

Ich erspare Ihnen das verbale Debakel und das Lamentieren von Detlef Levenhagen (CDU), der seinen Antrag unbedingt durchdrücken wollte gegen die Einwände aus der Fraktion der SPD, wo Jochen Proske zum Wortführer wurde und auch sein Genosse Bela Randschau das Wort ergriffen hat. Und Peter Egan (WAB) sprach sich für den ÖPNV aus und nannte es einen “schlechten Stil” der CDU, gegen einen Beschluss einen Gegenantrag zu stellen. Und zu IOKI erklärte der WABler: “Wir sind überhaupt noch nicht da, wo wir mit IOKI sein wollten.”

Und dann begann die Realsatire: Tochter Nadine Levenhagen (Grüne) ging ans Mikrophon, um Papa Levenhagen bei seinem Antrag wortreich zu unterstützen. Vergeblich. Zumal Bürgervorsteher Roland Wilde (CDU) nach einer von der CDU beantragten Beratungspause beim abermaligen Durchzählen der vorhandenen Stadtverordneten feststellen musste, dass von den 23 Politikern nur noch 19 im Saal waren. 😉

Über die Busse im Steinkampviertel wurde gestern Abend am längsten diskutiert – über den wichtigste Punkt des Abends gar nicht. Dieses war ein Antrag von Svenja Furken (Bürgerinitiative Ahrensburg gegen Gütertrasse”), die in der Einwohnerfragestunde gefordert hatte, dass die Stadtverordneten am selben Abend beschließen sollen, dass so schnell wie möglich eine Einwohnerversammlung in Ahrensburg stattfinden soll zum Thema “Gütertrasse”.

Der Bürgervorsteher erklärte dazu, dass dieser Antrag aus formalem Grund nicht in die laufende Stadtverordneten-Versammlung aufgenommen werden könne. Und Bürgermeister Michael Sarach erklärte der Antragstellerin, dass er sich der Sache umgehend annehmen würde, sprach aber gleichzeitig davon, dass es wohl schwierig werden würde, Hamburgs Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther gemeinsam und zeitnah zu einem Termin zu verpflichten. Beide Herren hatte Svenja Furken bereits zuvor persönlich angesprochen und deren grundsätzliche Zustimmung bekommen, wie sie gestern erklärt hat.

Womit wir schon ahnen können, dass aus einer frühzeitigen Einwohnerversammlung nichts wird, zumal der zur Zeit noch amtierende Bürgermeister von Ahrensburg nur noch rund zwei Monate im Amt sein wird. Was kümmert ihn dann sein Wort von gestern?!

Zum Thema “Bürgerbegehren” in Sachen Parkplätze in der City berichtete Michael Sarach, dass der Antrag beim Innenministerium in Kiel vorliegt und von dort eine  Stellungnahme und Anhörung der Ahrensburger Verwaltung benötigt wird, was bis zum 24. Februar 2022 erfolgen soll.

Die vom Ahrensburger Stadtforum beantragten verkaufsoffenen Sonntage in 2022 wurden von den Stadtverordneten einstimmig genehmigt, genauso wie auch der Verzicht der Stadt auf Sondernutzungsgebühren für das Außengestühl aufgrund der Corona-Pandemie volle Zustimmung fand.

Und last but not least: Bürgervorsteher Roland Wilde bedankte sich im Namen der Stadt bei Feuerwehr und Technischem Hilfswerk für die besonders harten Einsätze in den vergangenen Tagen des Sturms. Hierzu haben alle Anwesenden im Marstall applaudiert.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 22. Februar 2022

16 Gedanken zu „Stadtverordneten-Versammlung: Das wichtigste Thema für die Stadt Ahrensburg kam aus der Einwohnerfragestunde und nicht auf die Tagesordnung

  1. Gertrud Twieg

    Guten Morgen und ein Danke,
    dass Sie sich gestern Abend für Familie Levenhagen entschieden haben und für uns unterwegs waren. So haben wir heute Morgen wieder ein paar interessante Informationen bekommen.

  2. Harald Dzubilla

    Als Nachtrag zu meinem Blog-Eintrag noch eine Korrektur und Ergänzung:

    Die Veranstaltung, die Frau Furken möchte, ist keine Einwohnerversammlung: Sie möchte eine Dialog-Veranstaltung, in der die DB, die Naturschützer, die Archäologen, die Alternativplaner und eben auch die Landespolitiker miteinander erneut ins Gespräch kommen, um Argumente auszutauschen, Zahlen und Entscheidungen transparent zu machen und auch mit dem Willen der Bürgerinnen und Bürger konfrontiert werden. Für diese Veranstaltung soll die Stadt Ahrensburg einladen und sie organisieren. Die IG und BI werden aber mithelfen. Diese Idee kommt allein von Frau Furken und der IG Tunneltal.

    Meine Meinung dazu ist, dass das im Rahmen einer Einwohnerveranstaltung passieren sollte, damit möglichst viele Ahrensburger dabei live eingebunden werden.

    Und noch etwas: Die Herren Tschentscher und Günther sind zwar von Frau Furken angesprochen worden, haben aber nicht zugesagt. Von Tschentscher kam die Aussage, dass „ ..das Ganze kein Hamburger Problem sei, aber wenn Günther kommen würde, dann würde er das wohl auch machen“. Und Günther hat “ein gewisses Wohlwollen” für die Veranstaltung durchblicken lassen.

  3. Harald Dzubilla

    Und hier noch zur Ergänzung das, was Svenja Furken gestern in der Stadtverordneten-Versammlung zu Protokoll gegeben hat, damit es nicht “untergeht”:

  4. Svenja Furken

    Mit großer Dankbarkeit und Freude habe ich heute erfahren, dass sich ausnahmslos alle Fraktionen (!) hinter unseren Antrag gestellt haben!
    Nun gilt es, die Infoveranstaltung “Dialog Gütertrasse” auch schnellstmöglich zu realisieren.
    Es muss uns endlich gelingen, die Landes- und Bundespolitik von der Irrsinnigkeit des Projektes zu überzeugen.
    Die Gütertrasse darf nicht durch unsere Stadt und unser Tunneltal rollen!

    Herzliche Grüße
    Svenja Furken für die IG Tunneltal

  5. Error

    Die STVV sieht aus wie ein Feldlazarett. Überall Masken, Abtrennungen, 5G, nur halbe Besetzung und zerrüttete inkompetente Politiker, die unentschieden durch die STVV stolpern. .
    Ein grünes Sprichwort von Baerbock sagt: “Deutschland ist ein reiches Land und das will ich ändern.”

    (Aus dem Wörterbuch “Deutsch – Baerbock / Baerbock – Deutsch”)

    1. Dorfgemeinschaft Ahrensfelde e.V.

      Natürlich unterstützen wir von der Dorfgemeinschaft Ahrensfelde e. V. die Anliegen der IG Tunneltal und Ahrensburg gegen Gütertrasse – aber in der Einwohnerfragestunde hat unser zweiter Vorsitzender Werner Zillmann auch noch ein wichtiges Anliegen.

      Gruß aus Ahrensfelde

      1. Harald Dzubilla Artikelautor

        Sie haben Recht. Und deshalb sollten Sie es an dieser Stelle nachtragen! Ihr Thema (Starweg/Ahrensfelde) finden Sie ja auch auf Szene Ahrensburg samt Hinweis, wie Bürger zu einem Bürgerentscheid beitragen können. Aber bitte nicht böse sein: Tunneltal und Gütertrasse sind zwei Themen, die für Ahrensburg von allerhöchster Relevanz sind!

  6. Jochen

    Warum wunderst du dich, dass das Fotografieren nicht erwünscht ist, wenn du durch die Sprechblasen mit Inhalten, die so nicht gesagt wurden, auf den Fotos Fake News produzierst?

  7. Christian Schmidt

    Sehr geehrter “Einreder”,

    Ich kann ihrer Aussage, dass sie es nachvollziehen können, wenn Stadtverordnete die Stadtverordnetenversammlung verlassen, überhaupt nicht nachvollziehen.

    Das Paring, die freiwillige Reduzierung der Teilnehmer an der Stadtverordnetenversammlung, wurde von den Parteien zum Schutz der Menschen in Ahrensburg vor Corona-Infektionen angewendet. Damit sollte sicher gestellt werden, dass genug Raum vorhanden ist, um die Mandatsträger*innen und die Besucher*innen zu schützen und um Ansteckungen und Ausbreitung des Corona-Virus entgegenzuwirken. Damit sollte ebenso die Handlungsfähigkeit der Stadtverordnetenversammlung sichergestellt werden. Gleichzeitig sollte damit die Möglichkeit geschaffen werden, das möglichst viele Besucher*innen an den Sitzungen teilnehmen können, um die Öffentlichkeit der Sitzungen sicher zu stellen.
    Dabei wurde die Anzahl der Teilnehmer*innen so gewählt, dass die demokratisch legitimierten Stimmenverhältnisse gewahrt bleiben (sprich, der Wähler*innenwille, ausgedrückt durch das Ergebnis der letzten Kommunalwahl).

    Das Paring ist ein “Gentleman-Agreement”, das darauf beruht, dass sich alle Fraktionen daran halten und es nicht zu ihrem Vorteil ausnutzen. Das erfordert auch, dass einige Mandatsträger*innen freiwillig auf die Ausübung ihres Mandates verzichten. Das erfordert ebenso Disziplin, Haltung und den Willen, sich zum Schutze aller vor Corona, an dieses Agreement zu halten.

    Das Paringverfahren ist fragil und beruht auf dem Vertrauen, dass keine Fraktion und kein(e) Mandatsträger*in, dieses Vertrauen ausnutzt, um Entscheidungen herbeizuführen, die den demokratisch legitimierten Verhältnissen widersprechen.

    Einmal ist das Paring an seine Grenzen gestoßen. Damals war die Stadtverordnetenversammlung nicht beschlussfähig, weil zu viele der Mandatsträger*innen aufgrund von (in einem Fall sehr kurzfristiger) Erkrankung gefehlt haben.
    Danach haben einige Fraktionen versucht einem solchen Fall organisatorisch entgegenzuwirken und immer Ersatz definiert, der schnell abrufbereit ist, um mögliche Ausfälle zu kompensieren, damit die Stadtverordnetenversammlung als oberstes demokratisches Gremium handlungsfähig ist.

    Am Montag dieser Woche war die Stadtverordnetenversammlung aus einem anderem Grund handlungsunfähig.
    Es war abzusehen, dass ein Antrag eine Mehrheit erhalten könnte. Das kurz vor der Abstimmung einige, wenige Stadtverordnete die Sitzung verlassen haben, hätte unter normalen Umständen keine Auswirkung auf die Beschlussfähigkeit der Stadtverordnetenversammlung gehabt.

    Im Paringverfahren sieht das leider anders aus. Dadurch, dass einige Stadtverordnete die Sitzung verlassen haben, war die Stadtverordnetenversammlung nicht mehr beschlussfähig.

    Das Paring beruht auf dem Vertrauen darauf, dass alle sich daran halten, die demokratisch legitimierten Mehrheitsverhältnisse widerzuspiegeln, um den maximalen Schutz vor Corona und die Handlungsfähigkeit der Stadt Ahrensburg sicherzustellen.

    Dieses Vertrauen ist nach der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am Montag nicht mehr vorhanden.
    Ich fand das Paringverfahren nie besonders gut und war demgegenüber immer skeptisch. Es war zu anfällig für unvorhergesehene Störungen oder Schlimmeres.
    Leider muss ich sagen, dass ich in diesem Fall lieber Unrecht gehabt hätte. Zu meinem Bedauern ist das nicht der Fall.

    Das Paring, dass eigentlich zum Schutz der Menschen vor Corona-Infektionen eingeführt wurde, ist seit Montag bedauerlicherweise Vergangenheit.

    Gruß
    Christian Schmidt

    1. Einreder

      Lieber Herr Schmidt,

      bitte genau lesen. Ich schrieb nicht, dass ich es gut fand, sondern nur, dass ich es verstehen kann. 

      Sie schrieben, das Pairing basiere auf Vertrauen. Aber basiert nicht die gesamte Versammlung darauf, dass diese im Sinne von verabredeten Regeln stattfindet? Wenn also über einen Punkt abgestimmt werden soll, der da formal gar nicht stehen dürfte, erschüttert das aus meiner Sicht auch das Vertrauen. Und von meinem Platz war, auch wenn es wirklich sehr gedrängt und voll war, deutlich der Widerspruch zwischen Bürgermeister und Bürgervorsteher sichtbar. Wenn ich das inzwischen von der SPD veröffentlichte Statement richtig verstehe, ging es den Abgeordneten genau um diesen Punkt. Ob die Abgeordneten sich nun in großer oder kleiner Runde in Zukunft treffen, ist mir persönlich egal. Ich habe das, als neutraler Beobachter und gelegentlicher Zuschauer dieser Versammlungen, als eine deutliche Machtdemonstration gesehen. Deswegen: Der wortlose Abzug der SPD-Fraktion war sicherlich etwas, was nicht gut für die Demokratie war. Aber einen Tagesordnungspunkt auf eine Agenda zu setzen, der dort nichts zu suchen hatte, nur aus purem Machtgefühl zu etablieren, ist aus meiner Sicht aber genauso undemokratisch. Ich hätte eher erwartet, dass nach der Wortmeldung von Herrn Steuer, der ebenfalls auf die Regeln verwies, Frau Levenhagen ihrem Herrn Papa mal widersprochen hätte. So sah das für mich (als Wähler!) danach aus, als würden die Grünen sich mal eben an einem “Rechtsbruch” beteiligen. Es bleibt ein Dilemma, aber wenn sich unsere Vertreter nicht mal mehr an eigene Spielregeln halten, dann ist da irgendetwas gar nicht in Ordnung. 

      1. Christian Schmidt

        Lieber Einreder,

        Ja, diese Sitzung war, aus demokratischer Sicht, alles andere als gut.

        Normalerweise werden Anträge, wenn sie eingehen von der Verwaltung geprüft. Im Zweifelsfall, sollte etwas an dem Antrag kommunalrechtlich nicht in Ordnung sein, kontaktiert die Verwaltung den/die Antragsteller*in, um im Vorfeld Probleme zu klären.

        Erst danach werden Anträge der Tagesordnung des entsprechenden Gremiums zugeordnet.
        Die Vorsitzenden stimmen sich mit der Verwaltung über die Tagesordnung ab und gehen davon aus, dass das die Punkte vorher geprüft wurden.

        Warum es der Verwaltung erst in der Sitzung aufgefallen ist, dass es mit dem CDU Antrag kommunalrechtliche Probleme gibt, kann ich nicht beurteilen.
        Ich würde vermuten, dass die besonderen Bedingungen des Paring vielleicht den einen oder anderen Prozess durcheinander gebracht haben.

        Dieses Problem wurde in der Sitzung geheilt. Normalerweise wäre die Verwaltung vorher auf den Antragsteller zugegangen und hätte die Problematik angesprochen, dann wäre der Antrag evtl. in anderer Form auf die Tagesordnung gekommen.

        Einen Rechtsbruch würde ich hier nicht unterstellen. Ja, es gab eine kommunalrechtliche Fragestellungen, die aber in der Sitzung gelöst werden konnten, so dass über den Antrag hätte behandelt werden können.

        Dadurch, dass die Stadtverordnetenversammlung zu dem Zeitpunkt nicht mehr beschlussfähig war, ist diese Fragestellung ohnehin Makulatur.

        Sehr zu meinem Bedauern – Ja, die letzte Stadtverordnetenversammlung war keine Sternstunde der Kommunalpolitik.

        Viele Grüße
        Christian Schmidt

  8. Ahrensburger Buergerin

    Das Desinteresse der Politik an den Bürgerinnen und Bürgern folgt dem top-down-Prinzip: jetzt sind wir unten angekommen…. wenn schon nicht mal mehr die Kommunalpolitiker_innen sich für die Interessen ihrer unmitelbar in der Umgebung lebenden Menschen einsetzen, dann brauchen wir keine Politikerinnen und Politiker mehr!!! Sie erfüllen ihre Aufgabe nicht (mehr), verursachen aber Kosten und Schäden am Allgemeinwohl.
    Wenn ich eine Idee habe, wie wir Politiker_innen, ddazu bringen können, uns, dem Souverän, zu dienen, melde ich mich.
    Vielleicht haben Leser_innen dieses Blogs eine Idee?
    Mit sehr gespannten Grüßen eine Bürgerin aus dem fast nicht mehr schönen Ahrensburg

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