Hamburger Abendblatt: Wo der Spargel schießt, und zwar Kapriolen

Wenn ein Zeitungsleser sich über sein Blatt geärgert hat, dann schreibt er einen Leserbrief, in dem er sich beschwert. Wenn das Thema allerdings nichts mit dem Inhalt der Zeitung zu tun hat, sondern mit den Leuten, die hinter dem Blatt werkeln, um neue Leser zu finden, dann wird so ein Brief natürlich nicht veröffentlicht. Wie das Schreiben von Herrn Hintze an das Hamburger Abendblatt. Und weil das so ist, können Sie hier lesen, warum Herr Hintze auf seinen Spargel vom Hamburger Abendblatt verzichten musste:

Bildschirmfoto 2016-05-10 um 12.46.48Brief an das HA vom 9. Mai 2016 – Betreff: Das Spargelmärchen

Liebe Leute, es war einmal ein Vertriebsleiter, Benjamin Frank mit Namen , der wurde immer trauriger, weil ihm die IVW von Quartal zu Quartal bescheinigte, dass die verkaufte Auflage seiner geliebten Tageszeitung immer niedriger wurde. Er grübelte Tag, und er grübelte Nacht, in seiner Freizeit, an Wochenenden. Selbst bei seinen mittäglichen Pausen-Spaziergängen an die Alster dachte er an Abhilfe, ohne dass ihm etwas einfiel.

Da wurde es März, und die Menschen dachten an Frühling, an Wärme, an Sonne und unser Vertriebsleiter auch.

Da plötzlich hatte er eine Idee: Frühling? Sonne? Spargel? Spargel! Flugs eilte er in sein Büro in das Gebäude, das seinen gewohnten Namen ändern musste und schrieb am 3.März einen Brief an 2 Eheleute im fernen Schleswig-Holstein, in dem er ein vierwöchiges Probe-Abo zum Sonderpreis von EURO 24,90 anbot. Und, als sei das noch nicht genug, würden sie auch noch einen Spargel-Gutschein der Fa. Glantz im Werte von 15,- € erhalten. Und müsste einfach nur mitzuteilen, wenn sie danach nicht abonnieren wollen.

„Ei!“, dachten die Eheleute, „Das passt ja. Wir lesen 4 Wochen die Zeitung und bewahren den Gutschein bis zum 12.5. auf, da wir an dem ja Tag ohnehin bei Glantz vorbeifahren…”

Tatsächlich bestellten sie die Zeitung für den Monat April vom 1. bis zum 28.. Damit auch alles klappt wie geplant, baten sie am 13. April ihre Bank, doch bitte 24,90 € zu überweisen, damit die Zeitungs-Leute auch den Spargel-Gutschein schicken können.

Und so lebten sie vor sich hin und freuten sich.

Der April kam und mit ihm die Zeitung. Ei, welche Freude, jeden Morgen kämpfte die wackere Probe-Zeitung mit der Lokalzeitung um den schönsten Platz im Briefkasten, donnerstags sogar auch noch gegen eine dicke, fette Wochenzeitung. Alles gut, auch das Wetter, nur der Spargel-Gutschein! – Der kam nicht.

Um nicht unverhofft in ein Jahres-Abo zu rutschen, mailten die vorsichtigen Eheleute an die Zeitung, die Lieferung nach dem 28.4. einzustellen und doch bitte dies’ zu bestätigen .

Der April schritt munter fort und die Eheleute fingen an zu warten, auf die Bestätigung und erst recht auf den versprochenen Spargel-Gutschein. Am 20.4. hielten sie es nicht länger aus und riefen in der fernen Stadt an und fragten schüchtern nach ihm, dem Spargel-Gutschein. – ” ‘schuldigung! ” wurden sie beschieden, “schreckliche System-Störung, ich kümmere mich!”

Doch die Tage vergingen, und so allmählich lernten sie fast alle Menschen im Hause dortselbst kennen. Ein Mensch freundlicher als der andere. Eine Frau Stepje bemühte sich. Ein Tim Sommer bemühte sich. Frau Lüsch bemühte sich gleich zweimal und alle gaben ihr Bestes, aber es passierte: Nichts!

Stattdessen kam am 26.4. Post von einer Frau Ahrens: eine Rechnung über den im März bezahlten Probe-Abo-Betrag in Höhe von 24,90 € .

Die Eheleute, einfach und bieder, waren ratlos. Ihnen fiel nichts anderes ein, als noch einmal anzurufen. Wieder freundliches und größtes Bemühen. Und siehe da: Es kam die Kündigungs-Bestätigung per e-mail, doch kein Wort von der bezahlten Probe-Abo-Rechnung und schon gar nicht vom Spargel-Gutschein.

Am 26.4., welch’ Freude, ein richtiger guter alter Brief per Post . „Heißa, das ist der Spargel-Gutschein!“ Sie öffneten aufgeregt und mit zitternden Fingern den Brief-Umschlag. – Aber ach, wieder freundliche Post von Svenja Ahrens, sie bedauere sehr, dass man die Zeitung kündige. Und grüßte freundlich – ohne den Spargel-Gutschein. Die Eheleute versprachen sich, am 12.Mai, wenn sie ohnehin bei Glantz vorbeifahren, an die Zeitung zu denken, und zwar, obwohl das gar nicht so recht zu ihnen passt, nicht sehr freundlich …

Tja, hier endet das Spargel-Märchen. Und wenn der Vertriebsleiter Benjamin Frank noch nicht wegrationalisiert wurde, so grübelt er noch heute, tieftraurig ob des fortschreitenden Auflagen-Rückganges, was man denn bloß dagegen tun könne. Aber gegen eine kleine Aufwands-Entschädigung wollen die enttäuschten Eheleute dem Vertriebs-Leiter eine kleine Hilfe geben, nämlich ein “So jedenfalls nicht…”

Mit dennoch freundlichem Gruß, I. Hintze

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 10. Mai 2016

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