Stadtverordneter Dr. Ernst-Jürgen Hoffmann (CDU): Kirche darf der Stadt kein “Almosen” geben!

Obwohl ich gestern Abend in der Einwohner-Fragestunde der Stadtverordneten-Versammlung meinen Appell an die städtische Verwaltung und die Stadtverordneten wiederholt habe, mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Ahrensburg keinen Grundstücksvertrag zu schließen, konnte ich nicht alle Damen und Herren aus der Politik dazu bewegen, gegen ein vertragliches Abkommen mit der Kirche über das Gemeindehaus zu stimmen. Resultat: 17 Stimmen waren dafür, das “erbärmliche Verhalten der Kirche” (Michael Stukenberg, FDP) zu sanktionieren, 10 Verordnete stimmten dagegen, und es gab 3 Enthaltungen.

Gemeindehaus Evangelisch-Lutherische Kirche: eiskalt mit der Stadt verhandelt

Gemeindehaus Evangelisch-Lutherische Kirche: eiskalt mit der Stadt verhandelt

Aufteilung der Stimmen: CDU komplett pro Geschäft mit der Kirche, gefolgt von Peter Egan (WAB) und den Grünen mit Ausnahme von Dirk Langbehn, der sich enthalten hat wie auch Karen und Hinrich Schmick von der WAB. Komplett dagegen waren sowohl SPD als auch FDP. Außerdem Dustin Holzmann (WAB), der ebenfalls gegen einen Vertrag mit der Kirche gestimmt hat und vorab erklärt hatte: „nicht aus politischen, sondern aus Gewissensgründen“. Dieser Junge Stadtverordnete hat Eier gezeigt.

Die CDU zeigte ein Gewissen nicht und hat als einzige Partei geschlossen mit ihrem Fraktionshäuptling Tobias Koch gestimmt. Und der riss jubelnd die Arme hoch und juchzte, als hätte er einen plötzlichen Orgasmus bekommen, als der kurzfristig eingereichte Antrag der FDP mit der unerwarteten Hilfe der Grünen abgelehnt wurde, nämlich darauf hinzuwirken, „dass die Vertragsbedingungen für die Stadt bezüglich des Gesamtaufwandes und der Bindungsfristen zumindest nicht schlechter sein dürfen als im Sachverhalt für die alternative Containerlösung an der Reesenbüttel-Schule dargestellt“. Eigentlich hatten die Grünen das ursprünglich auch gewollt, aber man darf seine Meinung schließlich auch mal ändern und mit der CDU flirten. Und die wollte die Containerlösung auf gar keinen Fall, denn sie wollte – natürlich! – nur „das Beste für unsere Kinder“.

Schüler und Schülerinnen des 7. Jahrgangs des Gymnasiums Schulzentrum Am Heimgarten und des 7. und 8. Jahrgangs des Gymnasiums der Stormarnschule übergeben die "roten Hände" im Rahmen der Aktion "Red-Hand-Day an die Stadtverordneten-Versammlung

Schüler und Schülerinnen des 7. Jahrgangs des Gymnasiums Schulzentrum Am Heimgarten und des 7. und 8. Jahrgangs des Gymnasiums der Stormarnschule übergeben die “roten Hände” im Rahmen der Aktion “Red-Hand-Day” an die Stadtverordneten-Versammlung

Letzteres wollte auch Lara Gerecke (18), Vorsitzende vom Kinder- und Jugendbeirat, von der ich im vergangenen Jahr keinen öffentlichen Protest vernommen habe, als alle Kinder (JoKids) und Jugendlichen von der Kirche aus dem besagten Gemeindehaus rausgeschmissen wurden, damit es überteuert an die Stadt verkauft werden konnte, und zwar für andere Kinder. Aber vermutlich vertritt der Kinder- und Jugendbeirat nicht alle Kinder in der Stadt, ähnlich, wie auch der Senioren-Beirat nicht alle Senioren vertritt.

Frage: Was hätte der Kinder- und Jugend-Beirat wohl gesagt, wenn man alle Jugendlichen komplett aus dem Bruno-Bröker-Haus rausgeschmissen hätte, um dort die Kita der AWO unterzubringen…? 

Aus der heutigen Stadtverordneten-Versammlung habe ich mal wieder viel gelernt. Zum Beispiel über die CDU in Ahrensburg: Dort steht das hohe „C“ im Namen der Partei gar nicht für „Christlich“, sondern für „Commerziell“. Die Begründung dafür lieferte der CDU-Stadtverordnete und Rechtsanwalt Dr. Ernst-Jürgen Hoffmann. Der Advokat stellte sich voll auf die Seite der Kirchenleitung und erklärte sinngemäß, dass die Kirche sich kommerziell verhalten müsse und keine „Almosen“ geben könne.

Womit der Ahrensburger Stadtverordnete Dr. Ernst-Jürgen Hoffmann bekundet hat, dass die von der “raffgierigen Kirche” (so Thomas Bellizzi, FDP) geforderte 1 Million Euro für die 99jährige Erbpacht des Grundstücks verständlich ist, obwohl die Stadt in einem Sachverständigen-Gutachten auf einen Wert von nur 800.000 Euro kommt. Wäre also die Kirche mit dem niedrigen, also dem realen Wert einverstanden, dann würde sie laut Plädoyer von RA Hoffmann ein Almosen geben; und das könne man von der Kirche ja nicht erwarten, so der Jurist.

Stiller Besucher: Landrat Klaus Plöger (SPD)

Stiller Besucher am Rande: Landrat Klaus Plöger

Herr Dr. Hoffmann, ich empfehle Ihnen, in einer stillen Stunde mal in der Bibel zu lesen. Zum Beispiel bei Lukas, Kapitel 12 Vers 33, wo Jesus Christus zitiert wird mit dem Wort: „Verkauft, was ihr habt, und gebt Almosen!“ Und im „Lexikon der christlichen Moral“ können Sie zum Stichwort „Almosen“ folgenden Hinweis lesen: „Als Betätigung der Barmherzigkeit, einer unerlässlichen Teilverwirklichung der Nächstenliebe, ist Almosen geben sittliche Pflicht. Wer Eigentum erwirbt, übernimmt damit auch die Pflicht, nach seinem Können dem bedürftigen Mitmenschen beizustehen.“ 

Wenn die christliche Kirche nach Meinung von RA Hoffmann ein wirtschaftlich operierendes Unternehmen ist (Anna-Margarete Hengstler (CDU): “Sprechen wir nicht immer von der bösen Kirche, sondern nennen wir sie einfach Investor!”) und deshalb der Stadt kein Almosen (sprich: den realen Grundstückspreis) für soziale Aufgaben geben kann, sondern Verwaltung und Politik aus- und erpressen unter zeitlichen und finanziellen Druck setzen darf, dann frage ich Sie, Herr Rechtsanwalt Dr. Ernst-Jürgen Hoffmann: Vertreten Sie eigentlich die Interessen der Kirche oder die der Stadt Ahrensburg…? 

In diesem Zusammenhang erklärte Jochen Proske (SPD): “Ich erwarte nicht, dass die Stadt der Kirche ein Almosen gibt!”

Postskriptum: Die Schule Am Reesenbüttel ist das Wahllokal von Tobias Koch. Auf dem Schulhof findet auch das jährliche CDU-Kinderfest statt. Die Kinder der Familie Koch werden vermutlich in dieser Schule eingeschult. Mutter Koch sitzt im Elternbeirat der Schule, wo die Lehrer heute auf einem Parkplatz parken, auf dem die Kita-Container hätten stehen sollen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 15. April 2014

5 Gedanken zu „Stadtverordneter Dr. Ernst-Jürgen Hoffmann (CDU): Kirche darf der Stadt kein “Almosen” geben!

  1. Observator

    Wie denn? Was denn? Wenn ich das richtig verstanden habe, dann bezahlt die Stadt u. a. auch dafür, dass die Besucher der St. Johanneskirche bei Gottesdiensten oder Veranstaltungen in der Kirche die Kita als öffentliche Toilette benutzen können….? Und das, so CDU+Grüne, ist “alles zum Wohle unserer Kinder”?

    Ich wage zu bezweifeln, dass die Kirche das Grundstück inkl. Toilettenbenutzung, Publikumsverkehr und Kirchengeläut für mehr als 600.000 Euro hätte verkaufen können. Aber Koch & Hoffmann wissen ja nicht nur alles, sondern auch alles besser. Und an den täglichen Weg, den die Kinder von der Schimmelmannstraße zur Rudolf-Kinau-Straße zurücklegen müssen, hat scheinbar auch niemand gedacht, jedenfalls wurde es gestern in der Versammlung mit keiner Silbe erwähnt.

    1. Harald Dzubilla

      Ich stelle mir außerdem die Frage: Bildet das Kirchengebäude, das unter Denkmalschutz steht, keine Einheit mit dem Pastorat/Gemeindehaus, das auf demselben Grundstück steht? Wenn dem so ist, dann kann “ein Investor” es auch nicht abreißen, um dort so einfach nach eigenem Geschmack was Neues zu bauen, oder?

      Aber das wird der Jurist Hoffmann ja wohl geprüft haben, bevor er seine Kaufempfehlung abgegeben hat.

  2. Hermann Jochen Lange

    Ein FDP-Redner intonierte die „raffgierige Kirche“ und fragte, wofür die Kirche stehe. Er fragte nach deren Gemeinanliegen.

    „Ist das unsere Angelegenheit ? „ so ein lauter Zwischenruf ausgerechnet aus der Ecke der so genannten „Christlichen Demokraten“.
    Die folgende CDU-Rednerin gab die Parole vor, Schule sei „Früher Lernort gewesen – heute Lebensort“ ( eben ! ).

    Daraus drängt sich die folgende Frage auf:
    Wo bitteschön hätten die Stadtverordneten den „Lebensort“ der Hort-Kinder an der Grundschule Reesenbüttel alternativ eingerichtet, wenn die Kirche den „Lebensort“ anderer Kinder, Konfirmanden usw. im Gemeindehaus St. Johannes nicht kurzerhand aufgelöst hätte ?

    Eine CDU-Rednerin / Zitat: „ ..ich nenne mal die Kirche INVESTOR „.
    Ein Parteikollege fügte hinzu: „ …Kirche hat sich normal verhalten“.

    Es blieb dem Redner des Behindertenbeirates überlassen, die schlichte Frage zu stellen, worin das „Geschäft“ besteht, wenn man den jährlichen Zins von etwa 40.000 € mit den 99 Jahren Vertragslaufzeit multipliziert und das Ergebnis mit der nur einen Millionen vergleicht.
    Auf diese Frage wurde mit keiner Silbe reagiert.
    Klar ist, dass die Kirche den zockenden Stich macht – die Stadt als Treuhänder von Steuergeld aber über den Spieltisch gezogen wird.

    Zeitdruck: Und mal wieder werden die Volksvertreter von dem Bürgermeister in letzter Minute zu Abstimmung vorgeführt.
    Parole: Entscheidung bis Ende April erforderlich. Basta.

    Ein SPD-Redner brachte es auf den Punkt:
    „Stil der Verhandlungen: Friss Vogel oder stirb !“

    Zum Verständnis der Leser:
    a) Die ev.- luth. Kirchengemeinde Ahrensburg steckt bis zur pastoralen Halskrause in Immobilien aller Art (Ein dritter oder bereits der vierte Kirchen-Skandal in Ahrensburg ? ).
    b) Diese Kirche arbeitet nach dem Motto, lieber noch mehr Immobilienvermögen – als die St. Johanneskirche zu erhalten.
    c) Den Wert der Immobilie Rudolf-Kinau-Straße (Angeblich „verschimmeltes“ Pastorat samt Gemeindehaus) wird von ihr mit dem Gegenwert von einer Millionen Euro der Stadt für einen Erbbaurechtsvertrag angeboten.
    d) Hinter der anonymen „Kirche“ steht zuerst der Kirchengemeinderat mit der Pastorenschaft samt Propst Buhl an der Spitze – und ganz oben duldet die Bischöfin Fehrs (Wie lange noch ?)
    Der KGR will weder verkaufen noch für die von der Stadt nur benötigten 5 Jahre vermieten (Was ist der Grund dafür ?)
    e)
    Der Kirchengemeinderat ist besetzt mit meist unbekannten Menschen, die geheim beraten und beschließen, die geheime Protokolle fertigen und ihre eigene Legislaturperiode um zwei Jahre verlängern. Persönlich befangene Mitglieder stimmen trotzdem mit ab. Sie alle nennen sich „Christen“ – und immer dann Demokraten, wenn es ihnen in den Kram passt.
    f)
    Hinter der öffentlich tagenden Stadtverordnetenversammlung stehen öffentlich bekannte Menschen, deren gestriges Abstimmungsverhalten namentlich im öffentlichen Protokoll nachzulesen ist. Persönlich befangene Mitglieder müssen den Saal verlassen. Sie alle nennen sich Demokraten: Der nächste Wahltermin ist seit der letzten Wahl festgelegt.

    Nüchternes Fazit:

    Derartig gesamtgesellschaftlich komplexe Themen überfordern die Vertreter der Kirchenmitglieder, die Vertreter der Bürger und Wähler und auch den Meister-aller-Bürger. Seine so genannte Beschlussvorlage Nr. 2014/027 spiegelt sein diesbezügliches Unvermögen.

    Der Staat verschuldet sich weiter bis über die Unterlippe.
    Die Kirche steckt bis dahin in Immobilienvermögen und degradiert sich selbst zum „Investor“, dem die Kirche-im-Dorf zu teuer ist.

    Die Politik hütet immer weniger moralische Ansprüche
    (gestrige Kernfrage: „Kinder oder Geld ?“).
    Die für das Hüten von Moral bezahlte Pastorenschaft hütet allein das Geld und wirft den eigenen Nachwuchs aus Kostengründen kurzerhand raus.
    Politik und Kirche leiden zunehmend an Unglaubwürdigkeit.

    Wahllokale, Kirchengebäude und Stadtparlamente werden zunehmend zu besucherfreien Zonen.
    Gestern sind mehr Online-Berichterstatter als Vertreter der Printmedien erschienen. Warum ?

    Der Gesellschaft gehen die verlässlichen Regeln verloren.
    Traditionelle kulturelle Grundansprüche verschwinden.
    Die alles bezahlende Gesellschaft kapituliert.
    Die Gesellschaft zerfällt.
    Und weit mehr.

    Hermann Jochen Lange, Ammersbek

  3. wolfgang könig

    Hallo, Herr Dzubilla,
    das war eben sehr viel zu lesen und auch zu kommentieren.
    Irgendwie habe ich wohl in Mathe nicht aufgepasst.
    Ich stütze mich auf die oben genannten Daten:
    Zu welchem Zinssatz muss ich eine Million Euro anlegen, um für 99 Jahre daraus einen Pachtzins von 40.000 Euro jährlich sowie einer laufenden Pachtzinserhöhung zu finanzieren? Soll das eine zweite Schlossstiftung werden mit ungeahnten Zustiftern?
    Wenn ich unser heutiges Zinsniveau bei der Sparkasse Holstein sehe (zurzeit wohl 0,25 % für Rentnerin Müller ????) sind es bei Null-Zinsen gerade 25 Jahre, für die die eine Million Euro reicht (ohne Pachtzinserhöhung). Das wären dann schon vier Millionen Euro , die Ahrensburg für die nächsten 100 Jahre zurücklegen müsste.
    Aber in der Presse stand vor ein paar Tagen, dess der jährliche Pachtzins 58.000 Euro betragen würde.
    Und je nach Vertragsinhalt erhöht sich der Pachtzins jährlich oder nach wieviel Jahren um wieviel Euro?
    Wer kann meiner kurzen Milchmädchenrechnung eine exakte Berechnung des Startkapitals der Stadt für dieses Projekt vorlegen? Wie hoch ist also das Anfangskapital der Stadt für diesen überteuerten Vertrag?
    Wie hoch sind die Kosten über wieviel Jahre, die bei der Kontainer-Lösung anzusetzen sind?
    Wie hoch sicnd die erforderlichen Nebenkosten (auch die jährlichen) für beide Projekte?
    Da hat die Verwaltung und die Politik den Bürgern wohl einen ordentlichen Kapital-Klotz an den Hals gehängt. Wenn keiner mich eines Besseren belehrt, fühle ich mich als Bürger über den Tisch gezogen.
    Ich werde dann mein Wahlverhalten überdenken. Herr Koch ist Finanzierungsexperte. Der kann die Wirtschaftlichkeit beider Projekte sicherlich hier oder öffentlich darlegen. Und eine Kita in einem alten Gemeindehaus wird sicherlich keine 99 Jahre bestehen. Und eine Kita in Containern wird wohl keine 10 Jahre überstehen. Vielleicht nimmt die Bevölkerung weiter ab? Vielleicht ändern sich Gesetze? Aber der Erbpacht-Vertrag bleibt mindestens 99 Jahre bestehen. Wie hoch ist die Erbpacht pro Quadratmeter bei anderen verträgen? Hierzu kann die Verwaltung sicherlich Auskunft geben.
    Mit freundlichen Grüßen
    Wolfgang König

  4. Hermann Jochen Lange

    Hallo Herr König,
    1. Ihr Rechnungsansatz >eine Million4 Millionen< ist im Prinzip richtig.
    2. Der Verwaltungschef ist verpflichtet, den Stadtverordneten eine Beschlussvorlage vorzulegen, die jeden – noch einmal: jeden Aspekt erschöpfend erklärt und darlegt, damit daraufhin die Abstimmung wirklich fundiert erfolgen kann. Die hier debattierte Beschlussvorlage Nr. 2014/027 ist in dieser Hinsicht wirklich "grottenschlecht" (ein zurückliegendes Zitat einer GRÜNEN-Politikerin). Der Beschluss wäre deshalb anfecht bar – – –
    3. Erinnern Sie sich noch an die "wenigen" Millionen, die den Ausschlag dafür gegeben haben, das Baugebiet "Erlenhof" nicht wieder in die Verfügungsgewalt der Stadt Ahrensburg zurück zu führen ?
    4. Ich würde den Vertrag gern einsehen. Wo und wann ist das möglich ?

    Hermann Jochen Lange, Ammersbek

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