Netter Gefälligkeitsjournalismus vom Wochenmarkt

Bildschirmfoto 2013-09-07 um 17.05.33In ihrer Serie über die Wochenmärkte im Kreise Stormarn ist die Stormarn-Beilage heute auf dem letzten der von ihr besuchten Märkte  angekommen. Und das ist Ahrensburg, wo der Wochenmarkt “auf den Prüfstand gestellt” wird nach den vorangestellten Kriterien: “Ist die Auswahl groß genug?” und: “Wie ist die Atmosphäre?”

Um es zusammenzufassen: Die Auswahl ist groß – allein drei Fischstände, so dass Tester und Gastwirt Axel Strehl feststellt: “Das ist einzigartig in Stormarn.” Und die Redaktion ergänzt: “Das (korrekt: dass) alle genügend Kunden haben, zeigt für Strehl, dass der Markt nach wie vor sehr gut funktioniere.”

Aha, an der Zahl der Fischstände erkennt man also, wie gut ein Markt funktioniert. Und an einem Gemüsestand in Ahrensburg sind angeblich 72 verschiedene Tomatensorten im Angebot, aus denen  Axel Strehl nach eigener Aussage eine tolle Tomatenpfanne mit Schafskäse machen möchte. Aus 72 Tomatensorten.

Aber Scherz beiseite, der Ahrensburger Wochenmarkt ist natürlich toll, die Atmosphäre familiär, man duzt sich, und die Händler sind zufrieden und kommen alle gerne her genauso wie die Kunden. Kurzum: Auf einer ganzen Zeitungsseite wird dem Ahrensburger Wochenmarkt Lob gehudelt; es ist ein Markt ohne Fehl und Tadel.

Gibt es denn gar nichts daran auszusetzen? Doch, ein einziger Besucher bemängelt fehlende Parkplätze. Aber dieses wichtige Thema findet in dem Bericht nur am Rande statt, weil es nicht zu Test-Kriterien gehört, mit denen der Markt “auf den Prüfstand” gestellt wurde.

Ob Obst und Gemüse von guter oder auch minderer Qualität sind, die Eier von freilaufenden Hühnern stammen oder von Hennen aus dem Käfigknast, ob die Preise der Händler angemessen sind und die Ware korrekt abgewogen wird – all dieses wurde nicht getestet. Auch nicht, ob es ein genügendes Angebot von Bio-Produkten gibt, was heute ja wohl ein sehr hartes Kriterium beim Einkauf ist! Berichtet wird ebenso nichts über die Sauberkeit des Marktes. Und dass Hunde dort mitgeführt werden, obwohl es offiziell verboten ist, wird mit keiner Silbe erwähnt. Und wie schaut es mit der Hygiene aus den Fleisch-, Fisch-, Käse- und Backwarenständen? Gibt es hier Fliegen? Tragen die Verkäufer dort Vinylhandschuhe beim Bedienen? Oder nehmen sie Geld und Fleisch in dieselbe nackte Hand, mit der sie sich zuvor über die schwitzende Stirn gestrichen haben?

Und die Händler selber? Wie sind sie zufrieden mit der Betreuung durch die IMG_2228Stadtverwaltung? Würden sie vielleicht lieber mit dem Markt umziehen in die Hagener Allee? Und was ist mit der Toilette der Händler? War die sauber? Und die Treppe zur Tiefgarage – siehe Foto von heute! – stank es dort am Tage des Testes nicht wie so häufig an heißen Sommertagen?

Die Redaktion weist auf die Besuchertoilette vor dem Rathaus (gebührenpflichtig) hin und erwähnt mit keiner Silbe die kostenlose Toilette im CCA und die Rathaustoilette, die am Mittwoch geöffnet ist.  Auch lese ich nirgendwo ein kritisches Wort darüber, dass rund 80 Parkplätze unter dem Wochenmarkt gesperrt sind, obwohl der Betreiber dafür eine städtische Zufahrt gratis bekommen hat. Und die Frage, warum Besucher nicht mittwochs und sonnabends auf dem Stormarnplatz parken dürfen, wird auch nicht aufgeworfen.

Die Tester der Stormarn-Beilage waren vermutlich an einem Sonnabend auf dem Ahrensburger Wochenmarkt und nicht an einem Mittwoch, wo das Bild mitunter trostlos ist. Und sie haben dort offensichtlich nicht eingekauft und die Waren verglichen. Und es wurden nur Händler in Wort und Bild vorgestellt, die Positives geäußert haben. Warum zum Beispiel kommt der  Wurststand von Fümel als Aufmacher so plakativ in den Beitrag, während der zweite Imbiss-Stand nur namenlos in einem Nebensatz erwähnt wird…? Und von welcher Qualität sind die Würste vom Grill und das Schaschlik und die Pommes? Was kostet eine Currywurst und eine Cola auf dem Ahrensburger Wochenmarkt im Vergleich zu den anderen besuchten Märkten? Auf welchem der auf den Prüfstand gestellten Märkte schmeckte Ihnen die Currywurst denn am besten, Herr Strehl…?

Ich könnte noch 100 solcher Fragen stellen. Aber es ist nicht an mir, diese Fragen zu stellen, sondern das war eigentlich die Aufgabe der Markt-Tester aus der Redaktion der Stormarn-Beilage, deren Domizil direkt am Ahrensburger Marktplatz liegt. Ich schätze mal, Berichterstatter Claas Greite hat am Imbisswagen von Sven Fümel eine warme Mahlzeit gratis bekommen. Und von Fabian Dorow, der im Rathaus sitzt und den Markt verantwortet, einen freundlichen Händedruck des persönlichen Dankes für diese tolle Darstellung.

Ausgangs mein Tipp: Die Redaktion der Stromern-Beilage sollte sich schon mal eine Aussage von Christian Nienhaus gerahmt an die Wand hängen! Der ist nämlich der zukünftige Häuptling vom Hamburger Abendblatt, wenn die Zeitung von der Verlagsgruppe Funke offiziell in Besitz genommen wird. Und Nienhaus hat sich gerade wie folgt geäußert:

“Lesernähe, Identifikation mit der Region, Kreativität und Mut zur Einmischung – das ist unser Verständnis von gutem Regionaljournalismus.”

In dem heutigen Beitrag fehlt mir von allem etwas, besonders an der Kreativität. Vom Mut zur Einmischung gar nicht zu reden…

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht am 7. September 2013

Ein Gedanke zu „Netter Gefälligkeitsjournalismus vom Wochenmarkt

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