Vor einiger Zeit rief mich ein Ahrensburger Bürger an, den ich an dieser Stelle mal „Herr Ypsilon“ nenne. Und nämlicher Herr Ypsilon wollte Gutes tun, erklärte er mir, weshalb er gemeinsam mit seiner Frau eine Gruppe bedürftiger Kinder aus Ahrensburg zu einem Essen einladen möchte. Er fragte mich, ob ich vielleicht dazukommen und den Kindern eine Geschichte vorlesen würde. Und er hätte auch den Herrn Bürgermeister über das Essen informiert, erklärte er, und den MARKT ebenfalls.
Natürlich habe ich zugesagt, obwohl ich absolut keine Lust verspürt hatte, dem Bürgermeister und einem MARKT-Mitarbeiter zu begegnen, wenn ich kleinen Kindern eine Geschichte vorlese. Und ich habe Herrn Ypsilon gesagt, dass es doch schön wäre, wenn er zu der Veranstaltung, die in einem Ahrensburger Restaurant stattfinden sollte, auch noch ein kleines Unterhaltungsprogramm für die Kinder einbauen würde. Zum Beispiel einen Zauberer, der Figuren aus Luftballons nach Wünschen der kleinen Gäste fertigt und häufig bei Kindergeburtstagen auftritt. Und ich nannte ihm den Namen des Künstlers aus Ahrensburg.
Der Ahrensburger Bürger Ypsilon hat mit dem Zauberer gesprochen. Der hatte auch Zeit an diesem Tage und war sogar bereit, von seinem Honorar einige Abstriche zu machen, da es ja um einen guten Zweck ging. Offensichtlich war Herrn Ypsilon das Honorar aber immer noch zu hoch, sodass der Zauberer nicht kommen sollte.
Dann kam der Tag der warmen Mahlzeit. Sie fand statt am Nachmittag, wenn in dem Restaurant nichts los ist. So war es denn kein Mittagessen und kein Abendessen für die Kinder, sondern es war quasi eine „Zwischenmahlzeit“. Eingeladen und gekommen waren 29 Kinder und acht Begleiter/innen (= Erzieher und Praktikanten). Weder der Bürgermeister noch ein Mitarbeiter vom MARKT waren erschienen – warum hätten sie auch kommen sollen, wenn sie nicht bedürftig sind?! Ich hatte ein Kinderbuch zum Vorlesen mitgebracht und außerdem 37 kleine Naschpäckchen gepackt, um sie den Kindern und ihren Begleitern nach meiner Lesung zu überreichen. (Letzteres muss ich an dieser Stelle der Vollständigkeit halber erwähnen, damit niemand denken soll, ich wäre zu so einem Kindernachmittag allein „mit Worten“ gekommen!)
Als alle an der gedeckten Tafel saßen, habe ich den Kindern eine lustige Geschichte vorgelesen. Danach, es war gegen 15:30 Uhr, kam das Essen: Wiener Schnitzel, das auf der Karte mit 6,80 Euro ausgedruckt war, auf die der Wirt dem Herrn Ypsilon bestimmt noch einen Nachlass eingeräumt hatte. Dazu gab es Apfelsaft. Ein Eis zum Nachtisch gab es nicht – oder es war so klein, dass ich es übersehen habe. Immerhin erhielt jedes Kind einen kleinen Lolli auf Kosten des Hauses.
Als die Kinder und ihre Betreuer aßen, stolzierte ihr Gastgeber, der Herr Ypsilon, mit Händen in den Hosentaschen gönnerhaft an den Stuhlreihen vorbei und inspizierte die Teller, um sich zu überzeugen, dass die Kinder auch alles ordentlich aufgegessen hatten. Und mehrfach sagte er laut und deutlich: „Alles meine Kinder!“ (Mir war dieser Spruch peinlich, und ich dachte bei mir: „Wenn das alles Ihre Kinder sind, mein lieber Ypsilon, dann sollten Sie bedenken, dass jedes Kind nicht nur eine Mahlzeit in der Weihnachtszeit benötigt, sondern täglich drei, was jährlich rund 1000 sind!“)
Die Kinder waren sehr lieb und haben sich über die Einladung und das Essen gefreut. Nachdem sie gegessen und getrunken hatten, zogen die kleinen und großen Gäste glücklich wieder ab, und die Veranstaltung war beendet. So weit, so gut. Weiterlesen →